Az.: 6 K 1460/94
VERWALTUNGSGERICHT FREIBURG
Im Namen des Volkes
Urteil
In der Verwaltungsrechtssache
Jörg-Peter Pleschka,
Zum Schwarzenberg 47, 78476 Allensbach,
-Kläger-
prozeßbevollmächtigt:
Rechtsanwälte Heyes u. Schilling,
Marktplatz 6, 78315 Radolfzell,
gegen
Land Baden-Württemberg,
vertreten durch das Landratsamt Konstanz,
Postfach 101238, Benediktinerplatz 1, 78467 Konstanz,
Az: 2/210-692.100/94,
-Beklagter-
wegen
Tauchverbot am Teufelstisch
hat die 6. Kammer des Verwaltungsgerichts Freiburg unter Mitwirkung des
Vorsitzenden Richters am Verwaltungsgericht Dr. von Burski, des Richters
am Verwaltungsgericht Budzinski, der Richterin Kraft-Lange und der
ehrenamtlichen Richter Renner und Figlesthaler auf die mündliche
Verhandlung vom 02. Juli 1996
f ü r R e c h t e r k a n n t :
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
LRA..27Y
T a t b e s t a n d
Der Kläger ist Hobbytaucher und Tauchsportlehrer und hat bis heute
nach seinen Angaben rund 3000 Tauchgänge absolviert. Er übt
seinen Sport u.a. im Bodensee, insbesondere im Überlinger-See, aus.
Mit Allgemeinverfügung vom 14.07.1979 hat das Landratsamt Konstanz
das Tauchen in einem auch vom Kläger dort bevorzugten Gebiet beim
Seezeichen 22 ("Teufelstisch") in einem Umkreis von 300 m - vorbehaltlich
von Ausnahmeerteilungen im Einzelfall - untersagt. Der "Teufelstisch" ist
eine besondere, durch Erosion entstandene Felsformation in Gestalt einer
neben der nahezu senkrechten Ufersteilwand aus etwa 85 m Wassertiefe
anfragender Säule, die dicht unter der Wasseroberfläche eine
tischartig aufgesetzte Felsplatte trägt. Die bis zu einer Tiefe von
rund 28 m frei stehende und sodann bis zum Seegrund landseitig mit dem
Ufer verbundene, nur wenige Meter dicke Säule gilt seit vielen
Jahren als besonders lohnender Anziehungspunkt, der zahlreiche
Tauchsportler anlockt und bis zum Erlaß des Verbots zahlreiche
Tauchunfälle mit bis dahin 10 Toten gefordert hatte. Insgesamt
waren im Überlinger See seit 1974 26 Taucher ums Leben gekommen.
Der Kläger hatte seinerzeit gegen den Erlaß des Tauchverbots
nach erfolglosem Widerspruchsverfahren Klage erhoben, die in der
mündlichen Verhandlung vom 12.05.1987 vor dem Verwaltungsgericht
Freiburg (- 6 K 65/86 -) durch gerichtlichen Vergleich erledigt wurde.
Hiernach nahm der Kläger die Klage auf Aufhebung der
Allgemeinverfügung zurück während das beklagte Land sich
verpflichtete, ihm eine Ausnahmegenehmigung vom Tauchverbot zur
Ausübung des Tauchsports zu erteilen.
Nachdem im September 1993 zwei erfahrene Sporttaucher etwa 260 m neben
dem "Teufelstisch" in rund 100 m Tiefe tödlich verunglückt
waren, erweiterte das Landratsamt Konstanz durch Allgemeinverfügung
vom 17.02.1994 den Verbotsbereich in östlicher und
südöstlicher Richtung von 300 m auf 500 m, um den Zugang von
außerhalb der Verbotszone zu erschweren.
Gegen diese am 22.02.1994 veröffentlichte Änderung und
Neufassung der Allgemeinverfügung vom 14.07.1979 legten der
Kläger und weitere 1127 Tauchsportinteressierte Widerspruch mit der
Begründung ein, daß die Ausdehnung des Tauchverbots eine
unverhältnismäßige und nicht erforderliche
Beschränkung des Gemeingebrauchs am öffentlichen Gewässer
des Bodensees darstelle.
Das Regierungspräsidium Freiburg bestellte mit Verfügung vom
05.07.1994 den Kläger als Vertreter in dem durch die zahlreichen
Widersprüche gebildeten Massenverfahren.
Mit Widerspruchsbescheid vom 22.07.1994 wies es den Widerspruch
des Klägers und der durch ihn vertretenen übrigen Beteiligten
als unbegründet zurück. Die Ausdehnung der Sperrzone sei
gerechtfertigt, weil Tauchgänge ohne die erforderliche
Ausnahmegenehmigung von einer günstigen Einstiegsstelle
außerhalb der 300-Meter-Zone bis hin zum "Teufelstisch" erfolgt
seien. Die Allgemeinverfügung sei formell rechtmäßig,
geeignet und erforderlich, dieser Umgehung des Tauchverbots
entgegenzuwirken. Sie beruhe auf § 28 Abs. 2 WG. Danach dürfe im
Einzelfall die Ausübung des Gemeingebrauchs aus Gründen des
Wohls der Allgemeinheit oder auch zur Abwehr von Gefahren für die
öffentliche Sicherheit oder Ordnung eingeschränkt oder
verboten werden. Der Gesichtspunkt der Gefahrenabwehr erfordere auch
hier die Erweiterung des bereits bestehenden Tauchverbots um 200 m
Richtung Osten. Das sozialübliche "Recht zur Selbstgefährdung"
finde seine Grenze dort, wo Dritte beeinträchtigt werden
könnten, wie beispielsweise Rettungs- oder Bergungstaucher. Die
Ausdehnung der Verbotszone sei auch erforderlich, da der "Teufelstisch"
für Taucher besondere Gefahren in sich berge, die bereits den
Erlaß des Verbots im Jahr 1979 veranlaßt hätten. Die
geringe Erweiterung Richtung Osten um 200 m sei unter diesen
Umständen auch verhältnismäßig, da sie lediglich
dazu führe, daß Taucher, die keine Ausnahmeerlaubnis
hätten, das Verbot nicht durch einen Einstieg außerhalb der
Zone umgehen könnten. Die Erweiterung der Verbotszone sei des
weiteren geeignet, diese Umgehungsversuche sicher auszuschließen,
weil ein "Antauchen" des "Teufelstisches" unter Wasser aus einer
Entfernung von 500 Metern nicht mehr möglich sei. Ein milderes
Mittel, um die geschilderten Gefahren in ähnlicher Weise
auszuschließen, sei nicht ersichtlich. Die Maßnahme sei
nicht zuletzt auch deshalb verhältnismäßig, weit die
Gewährung von Ausnahmen weiterhin möglich sei. Der
Widerspruchsbescheid wurde dem Kläger am 28. Juli 1994 zugestellt.
Am 11. 08. 1994 hat der Kläger Klage erhoben, mit der er sein
Begehren weiterverfolgt.
Der Kläger beantragt,
die Allgemeinverfügung des Landratsamts Konstanz vom 22.02.1994 in
der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums
Freiburg vom 22.07.1994 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung nimmt er auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide
Bezug.
Das Gericht hat Beweis erhoben zur Frage der Gefährlichkeit des
Tauchgebiets und zur Notwendigkeit der Ausdehnung der Verbotszone durch
Anhörung der Sachverständigen Stibbe und Kapitänleutnant
Bessert und durch Einholung amtlicher Auskünfte der
Wasserschutzpolizeibeamten Holzinger und Meyer. Wegen des Ergebnisses
der Einvernahme wird auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift Bezug
genommen.
Dem Gericht liegen die einschlägigen Verwaltungsakten des Beklagten
- 5 Bände -, des Regierungspräsidiums Freiburg - 1 Heft -
und die Akten des vorangegangenen verwaltungsgerichtlichen Verfahrens
des Verwaltungsgerichts Freiburg - 6 K 65/86 - vor. Sie waren Gegenstand
der mündlichen Verhandlung.
E n t s c h e i d u n g s r ü n d e :
1. Die gegen die Allgemeinverfügung des Landratsamts Konstanz vom
17.02. 1994 gerichtete Anfechtungsklage des Klägers ist
zulässig.
Dabei ist davon auszugehen, daß lediglich der im Zuge der
Erweiterung der Verbotsfläche hinzukommende sichelartige Streifen
zwischen 300 und 500 m Abstand zum "Teufelstisch" in östlicher bis
südlicher Richtung Gegenstand der Anfechtung ist. Das bedeutet,
daß selbst ein Erfolg der vorliegenden Klage am Bestand der 1979
erlassenen Verbotszone im übrigen nichts zu ändern
vermöchte.
Die bereits mit Allgemeinverfügung des Landratsamts Konstanz vom
14.07.1979 festgesetzte Verbotszone im Umfange eines Halbkreises von
300 m kann zulässigerweise nicht mehr angefochten werden, weil die
Verfügung bereits damals einen Monat nach ihrer öffentlichen
Bekanntmachung und damit nach Ablauf der für Verwaltungsakte, zu
welchen die Allgemeinverfügung zu zählen ist, geltenden
Rechtsmittelfrist von einem Monat (§ 70 VwGO) in Bestandskraft erwachsen
war.
Durch die die Verbotszone erweiternde Allgemeinverfügung vom
17.02.1994 ist der Rechtsweg gegen das Verbot im Ganzen nicht neu
eröffnet worden. Denn diese Allgemeinverfügung ist nicht an
die Stelle der alten getreten. Vielmehr handelt es sich sowohl nach der
Art ihrer Abfassung als auch nach dem hieraus und den sonstigen
Umständen zu entnehmenden Willen des Beklagten lediglich um eine
- hinzutretende - "Änderung". Zwar wurde bei der neuerlichen
öffentlichen Bekanntmachung 1994 nicht nur die Änderung,
sondern auch die ursprüngliche Allgemeinverfügung vom
14.07.1979 "neu gefaßt" und veröffentlicht. Allein aufgrund
dieser "Neufassung" hat die geänderte Allgemeinverfügung aber
nicht den Charakter eines sog. Zweitbescheids erhalten, welcher die
Anordnung der gesamten Verbotszone rechtlich nochmals von Neuem zur
Überprüfung stellen sollte. Soweit die Verbotszone im Umkreis
von 300 m bereits durch die Allgemeinverfügung vom 14.07.1979
ausgewiesen worden war, stellt die neugefaßte
Änderungsverfügung vielmehr lediglich eine sogenannte
"wiederholende" Verfügung dar.
Diese Wiederholung war erforderlich, um zusammen mit der öffentlich
bekannt zu machenden Änderung eine aus sich selbst heraus
verständliche Anordnung zu erhalten. Eine bloße
Veröffentlichung der Änderung wäre offensichtlich
unverständlich und damit wegen Unbestimmtheit unwirksam gewesen.
Die Wiederholung des ursprünglichen Wortlauts ist nach alldem
gerade bei Allgemeinverfügungen, die in der Zeitung öffentlich
bekannt gemacht werden müssen, erforderlich und sogar unvermeidlich,
kann daher nicht schon deshalb regelmäßig zu einer erneuten
Eröffnung des Rechtswegs auch gegenüber bereits seit langem
bestandskräftigen Anordnungen führen.
Daß lediglich eine "Änderung" verfügt und sachlich
bekannt gemacht werden sollte, ergibt sich zudem nicht nur aus dem Text,
sondern auch aus der der Bekanntmachung in der Zeitung beigefügten
Lageplanskizze, in welcher die 500 m-Zone eine andere Schraffur als die
300 m-Zone aufweist.
Es kann hiernach dahinstehen, inwieweit im Verhältnis zum
Kläger auch der von ihm vor dem Verwaltungsgericht Freiburg im
Verfahren 6 K 65/86 seinerzeit zur ursprünglichen
Allgemeinverfügung geschlossene gerichtliche Vergleich vom
12.05.1987 eine - der erneuten Anfechtung dieser Regelung
entgegenstehende - rechtskräftige Regelung darstellt.
Die Klage ist mit der oben aufgezeigten Maßgabe auch im
übrigen zulässig. Insbesondere fehlt dem Kläger nicht die
Klagebefugnis i.S.d. § 42 Abs. 2 VwGO zur Anfechtung der Erweiterung der
Verbotszone, obgleich er Inhaber einer Ausnahmegenehmigung ist, die ihm
das Tauchen am "Teufelstisch" und folglich auch im Bereich der
erweiterten Verbotszone in jedem Falle gestattet. Denn es ist nicht
völlig auszuschließen, daß er ebensogut wie andere
Taucher von seinem Anspruch auf wasserrechtlichen Gemeingebrauch - sei
es auch nur im Bereich der sichelförmigen Erweiterungszone des
Verbots - ohne Inanspruchnahme einer kostenpflichtigen und mit Auflagen
versehenen Ausnahmegenehmigung Gebrauch machen möchte. Auch
könnte er in einem Recht beschränkt sein, Tauchpartner seiner
Wahl ohne Ausnahmegenehmigung bei Tauchgängen in der Verbotszone
mitzunehmen.
Schließlich hat die erneute Veröffentlichung der
geänderten Allgemeinverfügung am 04.05.1994, gegen welche der
Kläger keine Rechtsmittel eingelegt hat, nicht dazu geführt,
daß das vorliegenden Verfahren überholt und die
Allgemeinverfügung auf diesem Wege bestandskräftig geworden
wäre. Denn diese erneute Bekanntmachung diente lediglich der
Berichtigung der zunächst fehlerhaft veröffentlichten Fassung
der Allgemeinverfügung (siehe dazu im folgenden), stellte damit
eine nur diesem Zwecke dienende Wiederholung dar, die die erneute
Einlegung von Rechtsmitteln weder erfordern noch ermöglichen sollte.
2. Die nach den obigen Ausführungen zulässige Anfechtungsklage
ist indessen nicht begründet. Die die Verbotszone am
"Teufelstisch" erweiternde Allgemeinverfügung des Landratsamts
Konstanz vom 17.02.1994 ist formell und materiell rechtmäßig
und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1
Satz 1 VwGO).
Maßgebliche Rechtsgrundlage ist § 28 Abs. 2 WG. Danach darf die
Wasserbehörde den Gemeingebrauch an öffentlichen Gewässern
(§ 26 Abs. 1 WG i.V.m. § 23 WHG) sowohl durch Rechtsverordnung als auch
durch eine Einzelfallregelung - nämlich wie hier durch eine
Allgemeinverfügung - verbieten oder einschränken.
Das Landratsamt hat die Allgemeinverfügung im vorliegenden Falle
formell einwandfrei erlassen. Ein formeller Rechtsverstoß, der zur
Unwirksamkeit der Verfügung führen könnte, liegt
insbesondere nicht in der Angabe des falschen Datums ("22".02."1992") in
der ersten Veröffentlichung. Hierbei handelt es sich lediglich um
ein offensichtliches Schreibversehen, welches das Landratsamt durch eine
formgerechte Wiederholung der öffentlichen Bekanntmachung am
04.05.1994 mit dem zutreffenden Erlaßdatum "17.02.1994" richtig
gestellt hat. Eine weitere Richtigstellung ist zusätzlich im
Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Freiburg vom
22.07.1994 enthalten (§ 42 LVwVfG).
Das Versehen war außerdem folgenlos geblieben. Insbesondere hat es
offensichtlich bei niemandem und so auch auf Seiten des Klägers
nicht dazu geführt, daß der Inhalt der Allgemeinverfügung
mißverstanden oder - wie das vorliegende Verfahren gegenteilig
beweist - die rechtzeitige Einlegung von Rechtsmitteln behindert worden
wäre.
Das Landratsamt Konstanz ist zum Erlaß einer
Allgemeinverfügung am "Teufelstisch" entgegen den Ausführungen
des Klägers auch generell zuständig. Von einer hoheitlichen
Zuständigkeit deutscher Behörden im Bereich der deutschen
Ufer am Bodensee - erst recht am Überlinger See - ist das Gericht
schon wiederholt ausgegangen. Beispielsweise hat die Kammer dazu zuletzt
mit Beschluß vom 30.10.1995 (- 6 K 1833/95 -) ausgeführt,
daß auch nach der unter anderem vertretenen "Kondominiums-Theorie"
- jedenfalls im Bereich des Überlinger-Sees - eine von Deutschland
ausgeübte Hoheit heute allseits anerkannt wird.
Das Landratsamt Konstanz ist für den Erlaß einer
Allgemeinverfügung nach Maßgabe des § 28 Abs. 2 WG auch als
untere Verwaltungsbehörde zuständig. Insoweit besteht seine
spezielle wasserrechtliche Zuständigkeit für den Bodensee
uneingeschränkt neben der ortspolizeilichen Zuständigkeit der
anliegenden Gemeinde (§ 95 Abs. 1 WG).
Schließlich ist die Allgemeinverfügung - anstelle einer
Rechtsverordnung - im vorliegenden Falle die richtige Form für die
beabsichtige Schutzmaßnahme. Das hat bereits das
Regierungspräsidium Freiburg in seinem Widerspruchsbescheid
näher ausgeführt-, darauf kann verwiesen werden (S. 3, aaO.)
(§ 117 Abs. 5 VwGO). Wesentlich ist insoweit, daß vorliegend ein
konkreter Einzelfall, nämlich ausschließlich das Tauchen am
und um den "Teufelstisch" geregelt werden soll, wofür eine
Rechtsverordnung, die eine generell-abstrakte Regelung darstellt, nicht
notwendig ist (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 22.06.1987, aaO. und
Urt. v. 13.03.1987 - 5 S 279/86 -, VBIBW 1987, 377).
Die Erweiterung des Tauchverbots Richtung Osten um 200 m ist auch
materiell rechtmäßig. Dabei ist beiläufig zunächst
auch die Rechtmäßigkeit der ursprünglichen 300 m-Zone zu
prüfen. Denn obgleich - wie bereits ausgeführt - das
Tauchverbot innerhalb der bisher geltenden 300 m-Zone nicht mehr
angefochten und durch das Gericht im Rahmen des vorliegenden Verfahrens
gegebenenfalls auch nicht mehr aufgehoben werden kann, ist dem
Kläger zuzugeben, daß die Prüfung der
Rechtmäßigkeit der Erweiterung inzident auch nochmals die
Prüfung der Rechtmäßigkeit des Tauchverbots im Ganzen
nach sich zieht. Hätte nämlich schon das
- bestandskräftige - Tauchverbot für den "Teufelstisch" im
bisherigen Umfang im Jahre 1979 rechtmäßigerweise nicht
erlassen werden dürfen, so könnte auch seine Erweiterung nicht
rechtens sein. Insoweit liegt auf der Hand, daß die
Verstärkung oder Erweiterung einer unrechtmäßigen
Maßnahme schon aus diesem Grunde selbst rechtswidrig wäre und
nicht hingenommen zu werden bräuchte. Umgekehrt ist die Erweiterung,
sofern nicht spezielle Gründe gerade gegen sie selbst sprechen,
rechtmäßig, wenn bereits die bisherige Verbotszone zu Recht
besteht.
Die hiernach vorzunehmende Prüfung der generellen
Rechtmäßigkeit des Tauchverbots am "Teufelstisch" führt
jedoch zu keinem Erfolg der Klage. Vielmehr waren und sind die
rechtlichen Voraussetzungen für den Erlaß eines Tauchverbots
gegeben.
Nach § 28 Abs. 2 WG ist ein Verbot, eine Beschränkung oder eine
sonstige Regelung des wasserrechtlichen Gemeingebrauchs, wozu auch der
Tauchsport mit Atemgerät zu zählen ist (VGH Bad.- Württ.,
Urt. v. 22.06.1987 - 1 S 1699/86 -, ZfW 1988, 283 = VBIBW 1988, 255),
unter anderem immer dann gerechtfertigt, wenn eine Gefahr
für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abgewehrt werden
soll. Dabei handelt es sich bei der "Gefahr" um einen unbestimmten
Rechtsbegriff, der der vollen gerichtlichen Überprüfung
unterliegt. Besteht gegebenenfalls auch nach gerichtlicher Feststellung
eine Gefahr i.S. des § 28 Abs. 2 WG, liegt die Entscheidung, ob und in
welcher Weise hiergegen eingeschritten und Abwehrmaßnahmen
ergriffen werden sollen, im gerichtlich nach § 114 VwGO nur
eingeschränkt überprüfbaren Ermessen der Wasser-
oder Ortspolizeibehörde.
a) Im vorliegenden Falle ist nach dem Ergebnis der mündlichen
Verhandlung davon auszugehen, daß am "Teufelstisch" eine besondere
Gefahrensituation für Sporttaucher gegeben ist.
Am "Teufelstisch" besteht - wie der Sachverständige B. formulierte -
eine "spezielle" Situation. Diese ergibt sich einmal aus der geologischen
Besonderheit, zum anderen aus der großen Wassertiefe zwischen 85 m
am Fuße der Säule und 114 m am Seegrund. Die Steinsäule
des "Teufelstischs" gewinnt dabei, da sie in einem Stück aus der
Tiefe aufragt, den Charakter einer Art "Meßlatte", welche auch zu
Tiefen-Rekordversuchen einlädt. Selbst unabhängig davon mag es
einen speziellen Reiz begründen, um die ab 28 m Tiefe frei
aufragende "Nadel" herum zu tauchen, den nach unten zunehmend schmaler
werdenden Zwischenraum zur nahezu senkrecht parallel dazu abfallenden
Uferwand zu durchmessen und zumindest bis zu ihrem landseitig in 28 m
Tiefe liegenden engen Sattel vorzustoßen.
Geradezu faszinierend kann schließlich die tischartige Platte
wirken, weil sie in besonderem Maße dem speziellen Reiz des
Tauchens, auch von oben nicht einsehbare oder zugängliche Stellen
zu erkunden, entgegenkommt und die unter Wasser zweifellos seltene
ästhetische Besonderheit einer auf einer "Nadel" balancierenden
tonnenschweren Platte darstellt. Wie der Sachverständige B. dazu
aus eigener Kenntnis von der Örtlichkeit darlegte, führt diese
Besonderheit zu "sehr verschiedenen und differenzierten Lichteffekten",
die eine zusätzlich hohe Attraktivität begründen und nach
seinem Eindruck wohl auch zum Verstoß gegen das Tauchverbot
verleiten. Das Gericht kann sich unschwer vorstellen, daß das
Tauchgebiet unter diesen Umständen - insbesondere bei Sonnenschein -
"verzaubernd" wirkt, wozu des weiteren der Name beitragen mag, und
daß die große Wassertiefe nicht abschreckend oder die
Vorsicht steigernd, sondern eher - ähnlich einem Weg am Abgrund -
den "Nervenkitzel" erhöhend wirkt.
Es kommt hinzu, daß diese Besonderheit in einem der
größten Binnenseen Europas mit der Illusion
meeresähnlicher Weite und urlaubsgestimmter Unbeschwertheit
anzutreffen ist, ein Umstand, der zusätzlich die im folgenden zu
erörternden Gefahren eines kalten, mitteleuropäischen
Binnengewässers vergessen läßt.
Die hiernach dargestellte "spezielle" Situation am "Teufeistisch"
führt nach der in der mündlichen Verhandlung gewonnenen
Überzeugung des Gerichts zu Gefahren, die entgegen der Auffassung
des Klägers über die dem Tauchen an sich innewohnenden
Gefahren hinausgehen. Zunächst liegt auf der Hand, daß ein
derart attraktives und einmaliges Tauchgebiet zahlreiche auch
ungeübte und unzureichend ausgebildete oder ausgerüstete
Taucher anlockt, die - wie auch der Kläger in der mündlichen
Verhandlung erkennen ließ - das Tauchen in
verhältnismäßig flachen, engen und trüben
"Baggerseen leid" sind.
Die hohe Attraktivität des Ortes kann darüber hinaus, wie bei
der Anhörung der Sachverständigen anklang, dazu führen,
daß auch erfahrenere Taucher die ihnen sonst eigene Vorsicht
vergessen und sowohl in ihrer Aufmerksamkeit für den Partner als
auch für die Instrumente nachlassen. Insbesondere verführt die
Besonderheit der Felsnadel mit dem Charakter einer "Meßlatte" dazu,
Tauchtiefen zu überschreiten, die ansonsten, wenn keine vergleichbar
attraktiven Ziele vorhanden sind, nicht überschritten werden.
So besteht - wie bereits erwähnt - eine natürliche Versuchung,
mindestens bis zu jener Stelle, an welcher die "Felsnadel" in 28 m Tiefe
landseitig mit dem Ufer verbunden ist, vorzustoßen. Damit wird
bereits eine Tiefe im Bereich von 30 m erreicht, in welcher erste
Anzeichen von "Tiefenrausch" auftreten können. Zugleich wird die
Tiefe von 20 m, bis zu welcher Rettungstaucher (berufsgenossenschaftlich)
lediglich einzugreifen berechtigt und verpflichtet sind, deutlich
überschritten.
Die hiernach vorhersehbare und im akuten und stets eilbedürftigen
Gefahrenfalle kaum lösbare Konfliktsituation für
Rettungstaucher, entweder ihre persönliche Sicherheit
hintanzustellen oder von Rettungsversuchen, die vielleicht nur wenige
Meter unter ihrer Einsatzgrenze noch durchführbar sein könnten,
abzusehen, erhöht das Gefährdungspotential spürbar.
Den von Klägerseite insoweit gegen ein Tauchverbot mit
Erlaubnisvorbehalt sinngemäß vorgebrachten Einwand, daß
Retter am "Teufelstisch" gerade wegen der großen Wassertiefe
weniger als anderswo in Gefahr kommen könnten, weil sich
Unglücksfälle dort zumeist ohnedies unterhalb ihrer
Einsatzgrenze abspielten, vermag die Kammer schlechthin nicht
nachzuvollziehen. So liegt auf der Hand, daß - wie auch der
Sachverständige B. meinte - im Ernstfall Rettungsversuche zumindest
"privat" selbst in große Tiefen unternommen würden. Das gilt
zumal in Fällen kameradschaftlicher oder familiärer
Verbundenheit oder auch nur bei moralischem Verpflichtungsgefühl
gegenüber den - möglicherweise sogar am Ufer wartenden -
Angehörigen. Der positiv gemeinte Einwand einer "Einsatzgrenze"
für Retter zeigt somit im Grunde auf, daß
Unglücksfälle am "Teufelstisch" vor allem wegen der
Wassertiefe letztlich unbeherrschbar sind. Dementsprechend meinte auch
der Sachverständige S., daß ein in der dortigen Tiefe
absinkender Taucher "verloren" sei.
Das rechtfertigt und erfordert es, dem Gesichtspunkt der Wassertiefe am
"Teufelstisch" besondere Beachtung zu schenken. Dem läßt sich
nicht entgegenhalten, daß die "Tiefe" von Gewässern dem
Tauchsport generell eigentümlich und somit keine Besonderheit sei.
Denn entscheidend ist die "Attraktivität" der Tiefe bzw. der unter
Inkaufnahme hoher Tiefen anzustrebenden Ziele. Dadurch unterscheidet
sich das Tauchziel "Teufelstisch" wesentlich vom freien Gewässer
des Bodensees, in welchem naturgemäß vergleichbare Tiefen
anzutreffen sind, aber in der Regel überhaupt nicht oder jedenfalls
nicht im Sinne von markanten "Etappen" und unter entsprechendem
Erfolgsdruck angepeilt werden. Sonstige vergleichbar attraktive,
steilwandige und senkrecht bis auf 85 m Tiefe abfallende Ufertauchreviere
sind im übrigen auch von den Sachverständigen für den
Bodensee nicht genannt worden.
Die mündliche Verhandlung hat für den "Teufelstisch" in dieser
Hinsicht weiter ergeben, daß dort selbst in 28 m Tiefe die
Verlockung besteht, weiter zu tauchen. Die sich angesichts der oben
geschilderten Exotik des Ortes möglicherweise einstellende Neugierde
danach, "wie es wohl weitergeht", ist für das Gericht gut
vorstellbar. Da - wie der Vertreter des Beklagten in der mündlichen
Verhandlung ausführte - von manchen Tauchern ausweislich der
vorgelegten Logbücher ohnehin schon und nicht selten Tiefen von 60 m
bis 70 m im Bodensee und anderswo ertaucht wurden, liegt die Annahme
nahe, daß diese Tiefen gerade auch am "Teufelstisch" entlang der
"Meßlatte" angepeilt werden, wobei die Versuchung, dann auch noch
die restlichen 15 m bis zur "Wurzel" der Säule in 85 m Tiefe
vorzustoßen, besonders naheliegt.
Der Taucherunfall aus dem Jahre 1993, bei welchem zwei erfahrene
Taucher allem Anschein nach unter ähnlichen Umständen - und
wohl während eines "Rekordversuchs" - ums Leben kamen, beweist die
Richtigkeit einer solchen Gefahrenannahme und steht ihr nicht entgegen,
weil es sich - wie der Kläger meint - um einen Fall "bodenlosen
Leichtsinns" gehandelt habe.
Allgemein bestimmend ist mithin für die Entscheidung eines
Tauchers, bis zu welcher Tiefe er vorstoßen soll, offenbar weniger
die absolute Zahl an Metern als die in einer bestimmten außerdem
"rekordverdächtigen" - Tiefe vorhandene oder vermutete Attraktion.
So kommt es nach Berichten im Deutschen Fernsehen bei einem
größeren Baggersee in Norddeutschland vor allem deshalb immer
wieder zu schweren Tauchunfällen, weil sich dort in rund 60 m Tiefe
"attraktive" versunkene Industrieanlagen befinden und deshalb die vom
Sachverständigen S. erwähnte "absolute" Sporttauchergrenze von
40 m mißachtet wird. Durchaus dies bestätigend wies der
Sachverständige B. beispielhaft in bezug auf das in der Konstanzer
Bucht vor 100 Jahren auf ca. 40 m Tiefe gesunkene Dampfschiff darauf
hin, daß dort das Tauchrisiko vor allem deshalb noch beherrschbar
sei, weil bei 40 m "Schluß" ist.
Aus alldem ergibt sich für das Gericht zur Genüge, daß
entgegen den Ausführungen des Klägers gerade auch die
große Wassertiefe von 85 m am "Teufelstisch" ein besonderes
Gefahrenmoment mit sich bringt. Das hat auch der Sachverständige B.
eigens für dieses konkrete Gebiet zum Ausdruck gebracht.
Soweit der Sachverständige S. dazu abschwächend meinte,
daß diese Tiefe (lediglich) ein "belastendes psychologisches
Moment" sei, steht dies der Annahme einer besonderen örtlichen
Gefahrensituation nicht entgegen. Denn auch daraus folgt zumindest,
daß gerade unerfahrene Taucher leichter in Panik geraten
könnten. Andererseits ist die Tiefe - wie bereits erwähnt -
auch nicht "unerreichbar", so daß sie für erfahrene Taucher
in Verbindung mit der Attraktivität des Ortes eine erhebliche
Versuchung zu wagemutigen Tauchversuchen darstellt. Insoweit
unterscheidet sich das Tauchgebiet von jenen vom Sachverständigen S.
erwähnten in Norwegen, in welchen die Wassertiefe rasch mehrere
100 m erreicht, und damit ein Tieftauchen des Tauchers von vornherein
ohne erkennbaren Reiz erscheinen muß.
Die hohe Attraktivität des "Teufelstischs" ist nach dem in der
mündlichen Verhandlung erörterten Ergebnis schließlich
geeignet, darüber hinwegzutäuschen, daß es sich beim
Bodensee um ein mitteleuropäisches Binnengewässer handelt,
dessen Wassertemperatur ab einer bestimmten Tiefe 4°C + nicht
überschreitet, so daß anders als in südlichen Meeren und
im Salzwasser eine ständige Gefahr der Vereisung des Lungenautomaten
sowie auch der körperlichen Auskühlung besteht. Diese Gefahren
lassen sich nur durch höhere Vorsicht bei den Tauchgängen und
durch eine hohe Qualität der Ausrüstung bannen. Dabei darf
nicht außer Acht gelassen werden, daß insbesondere die
Gefahr der Unterkühlung mit der Wassertiefe zunimmt, da auch gut
isolierende Schutzanzüge durch den ständig höheren
Wasserdruck zusammengedrückt werden und deshalb ihre isolierende
Wirkung einbüßen.
Diese Gefahr wird weiter dadurch erhöht, daß die
Sichtverhältnisse im Bodensee selten mehrere Meter erreichen,
vielmehr häufig - insbesondere zur Sommerzeit - sogar ausgesprochen
schlecht sind. Das hat das Gericht im Parallelverfahren 6 K 1756/94 mit
Urteil vom selben Tage im einzelnen dargelegt.
b) Ist mithin eine besondere Gefahrensituation am "Teufelstisch" gegeben,
so steht es nach § 28 Abs. 2 WG im Ermessen der zuständigen
Wasserrechtsbehörde, zur Abwehr dieser Gefahren
Maßnahmen zu ergreifen. Bei der Entscheidung, ob und in
welcher Weise die Ausübung des Gemeingebrauchs geregelt,
beschränkt oder untersagt werden soll, räumt § 28 Abs. 2 WG
der Behörde ein "weites Ermessen" ein. Beschränkt wird das
behördliche Ermessen lediglich durch den Umstand, daß eine
Regelung durch Gründe des Wohls der Allgemeinheit gerechtfertigt
sein und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
entsprechen muß (VGH Baden-Württemberg, Urt.v.22.06.1987
- 1 S 1699/86 -, VBIBW 1988, 255 = ZfW 1988, 283).
Das Verwaltungsgericht darf die Ausübung des behördlichen
Ermessens in Entsprechung dazu nur eingeschränkt auf sog.
Ermessensfehler hin überprüfen, nicht aber daraufhin, ob
etwaige andere Lösungen in der Sache selbst "besser",
"zweckmäßiger" und "gerechter" oder zumindest ebenso
vertretbar wären (Kopp, Kom. z. VwGO, 10.Aufl., § 114, Rn, la a.E.).
Zu prüfen ist mithin lediglich, ob sich die Behörde des ihr
eingeräumten Ermessens bewußt gewesen ist, dessen Grenzen
erkannt und beachtet, den Sachverhalt zutreffend ermittelt und ihrer
Entscheidung zugrundegelegt hat und dabei weder willkürlich oder
widersprüchlich noch unverhältnismäßig verfahren
ist. Das ist hier der Fall.
Sowohl das Landratsamt als auch das Regierungspräsidium haben im
vorliegenden Falle als Wasserrechtsbehörden von dem ihnen
eingeräumten weiten Ermessen einen rechtsfehlerfreien Gebrauch
gemacht.
Den angefochtenen Entscheidungen ist zu entnehmen, daß sie sich
des eingeräumten Ermessens bewußt gewesen sind und unter
Wahrung seines Zwecks und seiner Grenzen eine abgewogene Lösung
zur Abwehr der am "Teufelstisch" Sporttauchern drohenden Gefahren
gesucht und angeordnet haben.
Insbesondere die hier zu beurteilende Entscheidung des Landratsamts
Konstanz, ein - nunmehr auf 500 m in östlicher Richtung
erweitertes - Tauchverbot mit Erlaubnisvorbehalt zu erlassen, begegnet
keinen rechtlichen Bedenken (§ 114 VwGO).
Dabei ist davon auszugehen, daß das Sporttauchen dort nicht
ausnahmslos verboten ist. Verfügt wurde vielmehr lediglich ein
präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt. Das bedeutet, daß
wesentlicher Zweck des Verbots nicht die gänzliche Verhinderung,
sondern die vorgängige behördliche Kontrolle des Tauchbetriebs
ist. Im Vordergrund steht daher die Eröffnung einer
Kontrollmöglichkeit zur Wahrung des wasserpolizeilich zu sichernden
Wohls der Allgemeinheit, insbesondere der Bewahrung von Leben und
Gesundheit zahlreicher mit den konkreten Gefahren des Bodensees speziell
im Bereich des "Teufelstischs" möglicherweise nicht ausreichend
vertrauter Sporttaucher. Durch die Einführung eines
Genehmigungsverfahrens kann in dieser Hinsicht regelmäßig
sichergestellt werden, daß bestimmte Gefahrenmomente
ausgeschlossen und Sicherungsmaßnahmen eingehalten werden.
Das Tauchverbot am "Teufelstisch" ist mithin schon dann gerechtfertigt,
wenn dort Gefahren bestehen, die eine derartige Kontrollmöglichkeit
erfordern und diese Kontrolle vor allem durch ein Genehmigungsverfahren
gesichert werden kann. Die Erweiterung der Verbotszone ist hierbei
ebenfalls gerechtfertigt, wenn sie der Gefahr einer Umgehung des
bestehenden Verbots zu begegnen vermag. All das ist hier der Fall.
Allein durch ein Verbot mit der Möglichkeit der Durchführung
eines Genehmigungsverfahrens zur Erteilung einer Ausnahme können
unerfahrene Taucher davon abgehalten werden, sich am "Teufelstisch" in
Gefahr zu begeben, und werden erfahrenere Taucher nachhaltig an die
Einhaltung von Vorsichtsmaßnahmen erinnert. Zugleich erfolgt
hierdurch eine gewisse Kontrolle der Ausrüstung. Weiter ist
beispielsweise nur durch ein Ausnahmegenehmigungsverfahren
gewährleistet, daß Taucher verbindlich verpflichtet werden,
eine sogenannte Buddy-Leine zu führen, die - wie das Gericht in dem
Parallelverfahren des Klägers ausgeführt hat - am
"Teufelstisch" die sich aus der erheblichen Tiefe des Gewässers
ergebenden Gefahren hinlänglich zuverlässig ausschließen
kann.
Das Tauchverbot mit Erlaubnisvorbehalt greift hier auch nicht in
unverhältnismäßiger Weise in die allgemeine
Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) der am Sport interessierten
Taucher ein. Insoweit ist anerkannt, daß staatliche Eingriffe
immer dann zulässig und erforderlich sind, wenn Gefahren vorhanden
sind, die von den Gefährdeten selbst nicht mehr in vollem Umfange
überblickt, abgeschätzt und gegebenenfalls beherrscht werden
können. Die Allgemeinheit braucht Selbstgefährdungen anderer
nicht tatenlos zuzusehen, wenn erkennbar wird, daß das
eingegangene Risiko nicht mehr kalkulierbar ist und wenn Unfälle
auf die staatliche Gemeinschaft durch objektiv vermeidbares Leid, die
Gefährdung Dritter und auch das Entstehen von Kosten
zurückwirken.
Eine derartige Sachlage besteht hier, wie bereits bezüglich der
Erkennbarkeit der Gefahr oben aufgrund der attraktiven Besonderheiten
des "Teufelstischs" dargestellt worden ist. Insbesondere der Reiz zu
Rekordversuchen verleitet offenbar auch erfahrene Taucher, wie der
Tauchunfall aus dem Jahre 1993 zeigt, dazu, gerade am Teufelstisch
erhöhte Risiken einzugehen. Daß diese Gefahren durch ein
Tauchverbot mit Erlaubnisvorbehalt am ehesten vermieden werden
können, beweist die Tatsache, daß seit der Einführung
des Tauchverbots - mit dieser einen Ausnahme - keine tödlichen
Tauchunfälle mehr erfolgt waren. Auch bei dem 1993 erfolgten
Tauchunfall läßt sich nicht ausschließen., daß
er hätte vermieden werden können, wenn die noch
zugänglich gebliebene Einstiegsstelle zum "Teufelstisch", die mit
der nunmehrigen Erweiterung des Tauchverbots geschlossen werden soll,
nicht zur Verfügung gestanden hätte.
Gefahrabwehrende Maßnahmen der staatlichen Behörden sind
insbesondere auch dann zulässig und geboten, wenn ohne ein Verbot
Gefahren für Dritte erhöht würden. Derartige Gefahren
ergeben sich hier für Rettungstaucher. Diese Gefahren bestehen um
so eher, als - wie der Kläger selbst darlegt - Rettungstaucher der
Hilfswerke generell nicht tiefer tauchen dürfen als 20 m und ein
Rettungsversuch jenseits der 40 m oder 50 m-Grenze aus allgemeinen
Gründen der Selbstgefährdung ausscheidet. Dies zwingt dazu,
die Unfallgefahr in Gewässern, die diese Tiefen übersteigen,
möglichst auszuschließen. Denn es läßt sich im
Unglücksfalle kaum vermeiden, daß entweder "private"
Rettungsversuche bis in große Tiefen unternommen werden oder
daß auch Rettungstaucher der Polizei und Feuerwehr beim Versuch,
die "absinkenden" Taucher noch zu erreichen, die genannten Grenzen
überschreiten und sich selbst gefährden.
Zu Recht haben die Vertreter der Wasserschutzpolizei ferner darauf
hingewiesen, daß auch die Zuwegung zum "Teufelstisch" auf Land
für Rettungsversuche ausgesprochen schlecht ist. Teilweise ist das
Gebiet nur vom See her zugänglich. Das vermag den Zeitdruck, unter
dem Rettungsversuche erfolgen müssen, zu erhöhen und damit
auch unbedachte Risikoentscheidungen leichter möglich zu machen.
Ist mithin das 1979 erlassene Tauchverbot nicht rechtsfehlerhaft, so
begegnet auch seine
Erweiterung um weitere 200 m Richtung Osten keinen rechtlichen Bedenken.
Der Beklagte hat insoweit unwidersprochen vorgetragen, daß bislang
von einem günstig gelegenen Einstieg unmittelbar östlich von
der 300 m-Grenze zum "Teufelstisch" "durchgetaucht" werden konnte und
daß diese Möglichkeit auch von Tauchern, die keine
Ausnahmeerlaubnis besaßen, genutzt wurde. Dafür, daß
das bisherige Verbot in dieser Weise weitgehend "leer gelaufen" war,
spricht in gewisser Weise die sehr hohe Zahl der Taucher, die
Rechtsmittel gegen die bloße Erweiterung eingelegt haben, obgleich
die ursprüngliche Verbotszone nach dem Klagevortrag eigentlich
"akzeptiert" gewesen war und die Attraktivität allein der
sichelförmigen Erweiterungszone für Tauchgänge nicht
über jene anderer Uferbereiche des Bodensees hinausgehen mag. Ist
aber eine der Gefahrenabwehr dienende Maßnahme - wie hier -
notwendig, sind auch weitere polizeiliche Maßnahmen, die der
Sicherung der erstgenannten dienen und ihre Umgehung verhindern sollen,
ohne weiteres rechtmäßig. So verhält es sich auch hier.
Dabei ist die Erweiterung der Verbotszone in ihrem Umfang von 200 m in
Richtung Osten offensichtlich verhältnismäßig und
geeignet, die Umgehung des Tauchverbots künftig
auszuschließen. Der damit verbundene Verlust einer auch für
sonstige Tauchgänge, die nicht den Besuch des "Teufelstischs"
bezwecken mögen, günstigen und im Gebiet Bodman/Wallhausen
möglicherweise seltenen Einstiegsstelle ist mit Rücksicht auf
die Notwendigkeit der Abwehr erheblicher Gefahren hinzunehmen.
Die Anfechtsungsklage gegen die Erweiterung der Tauchverbotszone am
"Teufelstisch" hat
daher keinen Erfolg.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Für eine
vorläufige Vollstreckbarkeitserklärung nach § 167 Abs. 2 VwGO
sieht das Gericht keine Veranlassung.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an den
Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg zu. Die Berufung ist beim
Verwaltungsgericht Freiburg, Dreisamstraße 9a, 79098 Freiburg,
innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zur
Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.
Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der
Frist beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg,
Schubertstraße 11, 68165 Mannheim, eingeht.
Die Berufungsschrift muß das angefochtene Urteil bezeichnen und
einen bestimmten Antrag enthalten. Die zur Begründung dienenden
Tatsachen und Beweismittel sollen angegeben werden.
gez. Dr.v.Burski gez. Budzinski gez. Kraft-Lange
B e s c h l u ß :
Der Streitwert wird gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG auf
8.000,-- DM
festgesetzt.
Der Streitwert ist mangels anderer Anhaltspunkte auf den Auffangwert von
8.000,-- DM festzusetzen (§ 13 Abs. 1 Satz 2 GKG).
Rechtsmittel gegen die Streitwertfestsetzung richten sich nach
§ 25 Abs. 3 GKG.
gez. Dr.v.Burski gez. Budzinski gez. Kraft-Lange
Ausgefertigt:
Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Brass
Ger.Angestellte