Südkurier Nr. 152 vom 6.7.1977, 33. Jahrg., Seite 1
Letzte Meldung:
Bergungsaktion brachte den Tod
KONSTANZ (uec-Eigenbericht) Die Bergungsaktion für die zwei seit
Sonntag auf der Höhe des sogenannten "Teufelstisches" vor Dettingen-Wallhausen
verschollenen Sporttaucher aus Hirrlingen fand gestern abend ein tragisches Ende.
Beim letzten gestern vorgesehenen Bergungseinsatz kamen zwei weitere Taucher,
Mitglieder derselben Tauchsportgruppe wie die beiden Verschollenen, ums Leben.
Südkurier Nr. 152 vom 6.7.1977, 33. Jahrg., Seite 9
Katastrophe vor Wallhausen: Jetzt vier Taucher tot
Bei der Suche nach zwei vermißten Sporttauchern verloren gestern abend
zwei Mitglieder der Bergungsmannschaft beim Teufelstisch ihr Leben
ko. Die Suche nach den zwei Sporttauchern, die seit Sonntag beim "Teufelstisch"
verschollen sind, endete gestern abend mit einer Katastrophe: Beim letzten
gestrigen Einsatz der Bergungsmannschaft sind zwei Taucher, die an der Suche
nach ihren vermißten Kameraden beteiligt waren, ums Leben gekommen. Die
Leichen wurden gegen 20.35 Uhr geborgen, nachdem um 20.20 Uhr höchster Alarm
gegeben worden war. Vier weitere Sporttaucher mußten sofort in der
Druckkammer behandelt werden. Mit einem Spezialfahrzeug der Wasserschutzpolizei
wurden sie ins städtische Krankenhaus Konstanz gebracht. Die Wapo setzte
unverzüglich die Hubschrauber-Notstaffel Fürstenfeldbruck in
Alarmbereitschaft, um die vier Männer notfalls in eine Spezialklinik zu
überführen. Wie mitgeteilt wurde, sind sie jedoch außer
Lebensgefahr.
Die bisher erfolglos verlaufene Bergungsaktion nach Wolfgang Kurz und Eberhard
Keller, die seit einem Tauchgang am vergangenen Sonntag am sogenannten
Teufelstisch bei Wallhausen verschollen sind, spitzte sich kurz nach 20 Uhr
dramatisch zu. Bis dahin waren bereits mehrere Einsätze erfolglos verlaufen.
Kurz nach 18 Uhr waren die ersten beiden Rettungstaucher ins Wasser gegangen,
um an der Stelle der Markierungsbojen, wo man die seit Sonntag Vermißten
vermutete, zu suchen. Nach 45 Minuten tauchte die Suchmannschaft wieder auf.
Sie war bis in eine Tiefe von 70 Metern vorgedrungen, ohne eine Spur von Wolfgang
Kurz und Eberhard Keller gefunden zu haben.
Noch während die Rettungsgruppe unter Wasser war, hatte sich eine zweite
Tauchermannschaft bereit gemacht, die ebenfalls 45 Minuten lang, in etwa 30
Meter Tiefe, den See absuchte. Ebenfalls ohne Erfolg.
Nun startete die dritte Gruppe, die schon am Vormittag bis in 70 Meter Tiefe
getaucht war, zu einem weiteren Einsatz. Nach diesem erneuten Versuch wollte
man die gestrige Bergungsaktion beenden, um am kommenden Sonntag mit Unterwasser-
Fernsehkameras noch einmal nach den verschollenen Wolfgang Kurz und Eberhard
Keller zu forschen.
Diese dritte Gruppe, die den gestrigen Einsatztag beschließen sollte,
bestand aus sechs Männern. Ein Siebter, der sogenannte "Schnorchler", sollte
mittels der aufsteigenden Blasen kontrollieren, ob alles normal verlief.
Dann geschah die Katastrophe, die sich beim Aufstieg der Gruppe ereignete.
Gegen 20.30 Uhr herrschte höchster Alarm, als die Blasen immer weniger
wurden. Alle anwesenden Taucher, einschließlich vier Beamten der
Wasserschutzpolizei, setzten zu einer dramatischen Rettungsaktion, zu einem
Wettlauf mit der Zeit an. Etwa gegen 20.35 Uhr wurde die schreckliche
Befürchtung zur Gewißheit: Zwei Rettungstaucher hingen am Bojenseil -
vermutlich waren sie bereits tot.
Offenbar überanstrengt vom morgendlichen Einsatz war es ihnen in der
Dekompressionsphase in etwa 16 Meter Wassertiefe übel geworden. Vermutlich
wegen der schweren Bleigürtel, die sie trugen rutschten sie am Bojenseil in
die Tiefe. Einige ihrer Kameraden, so der Überlinger SÜDKURIER-
Mitarbeiter Gerhard Schrade und Fritjof Schulz-Friese, die sich ebenfalls an der
Suche beteiligt hatten, vermuten, daß beide einen Lungenriß erlitten
hatten.
Noch unter dem Eindruck der tragischen Ereignisse stehend erklärte
Gerhard Schrader: "Damit haben wir innerhalb von drei Tagen vier Kameraden
verloren."
Auch die beiden gestern ums Leben gekommenen Sporttaucher gehörten wie die
seit Sonntag vermißten, dem Tauchsportclub Ravensburg an, der nach der
Unglücksnachricht vom Sonntag mit fast zehn Mitgliedern nach Wallhausen
angereist war, um die Wasserschutzpolizei bei ihrer Fahndung nach den
Vermißten zu unterstützen. Die Wapo-Beamten selbst dürfen auf
Grund einer Polizeidienstverordnung aus Sicherheitsgründen nicht tiefer als
20 Meter tauchen. Der Bodensee ist aber an der Unglückstelle, an der nun
vier Taucher ihr Leben verloren haben, mindestens 80 Meter tief.
ds/ghf/uec
EIN BEAMTER DER WASSERSCHUTZPOLIZEI hilft einem Taucher beim Anlegen seiner
Ausrüstung.
Bild: Schultz-Friese
NACH DER BERGUNG: Zwei Angehörige des Tauchsportclubs Ravensburg beugen
sich über die beiden Toten.