Unser erster Tauchgang am Teufelstisch




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Am Samstag, den 15.6. klingelt morgens der Postbote, er hat ein Einschreiben dabei. Es ist vom Landratsamt Konstanz: eine positive Antwort auf meinen Antrag, am Teufelstisch tauchen zu dürfen. 3 Wochen habe ich gewartet, nun halte ich die Ausnahmegenehmigung in den Händen. Nach über 60 Tauchgängen dieses Frühjahr im Bodensee wurden wir doch neugierig darauf, was sich hinter dem Teufelstisch verbirgt. Die Hälfte davon waren Steilwandtauchgänge, auch von der Übung her fühlten wir uns "reif" dazu, unabhängig davon, was an Voraussetzungen verlangt wird.

Kurz darauf klingelt das Telefon, es ist mein Tauchpartner Ecki, der ebenfalls die Genehmigung beantragt hat. Am Sonntag wollten wir sowieso tauchen gehen, natürlich beschließen wir, nun den Teufelstisch zu erkunden.

Morgens am Sonntag melden wir noch von Zuhause aus den Tauchgang bei der Wasserschutzpolizei in Überlingen an, nachdem wir das Krankenhaus Überlingen angerufen hatten, um uns zu vergewissern, daß die Druckkammer in Betrieb ist. So verlangte es damals die Vorschrift (inzwischen reicht es aus, wenn der Tauchgang bei der Wasserschutzpolizei angemeldet wird, ein Anruf im Krankenhaus Überlingen ist nicht mehr notwendig).

In Dingelsdorf bauen wir unser Schlauchboot zusammen und "stechen in See", diesmal mit direktem Kurs auf den Teufelstisch. Vom Boot aus befestigen wir die Alphaflagge am Seezeichen, unter dem Schild "Tauchen Verboten". Das Boot kommt im Flachwasser vor der Abbruchkante der Wand vor Anker. Während wir unser Gerät anlegen, hören wir Gemurmel vom Wanderweg am Ufer her. Es ist ein älteres Ehepaar, er ruft uns zu: "Sagen Sie, ist hier nicht irgendwo der Teufelstisch?" Wir bejahen, "der ist gleich hier". Wieder Gemurmel: "Siehst Du, habe ich es Dir doch gesagt" zu seiner Frau gewandt. Dann wieder zu uns: "Aber das Tauchen ist hier doch verboten!" Wir antworten, daß wir die Ausnahmegenehmigung besitzen, fast ein wenig zu cool, denn aufgeregt sind wir schon auch. Daß es unser erster Tauchgang dort ist, sagen wir natürlich nicht, sind uns dessen aber sehr wohl bewußt!

Außer den vielen Gerüchten um diesen Tauchplatz wissen wir einige wenige Dinge: daß hier der Fels senkrecht bis über 80 Meter abfällt, wir kennen die Skizze von der Wasserschutzpolizei und die Beschreibung eines Tauchganges im Divemaster Spezial "Tauchatlas Bodensee". Außerdem haben wir Videoaufnahmen vom Teufelstisch gesehen, hier wird auch gesagt, "daß der Fels so glatt ist, daß es schwierig ist, sich daran zu orientieren". Um diesen Punkt dreht sich unsere ganze Planung. Stimmt das wirklich? Ist die Struktur des Tisches so viel anders, als die anderen Steilwände im Bodensee? Zur Sicherheit beschließen wir, ein Seil in die Tiefe zu lassen, um daran abzutauchen. Nach weiteren Überlegungen entscheiden wir, an der Außenseite abzutauchen, denn da fällt an diesem sonnigen Morgen viel Licht hin. Wir wollen den Teufelstisch entgegen dem Uhrzeigersinn umkreisen, weil die Spitze in Richtung Marienschlucht weiter weg ist als die nach Wallhausen gewandte Spitze. So haben wir mehr Weg, um abzutauchen, bevor die Kurve kommt. Weiter setzen wir uns als maximales Tiefenlimit 25 m und wollen, je nach Sicht, so um die 20 m tief tauchen.

Das Seil ist am Seezeichen festgemacht, fährt mit einem Blei und einer kleinen Lampe beschwert in die Tiefe. Eine ca. 3 m lange Buddyline verbindet uns, ein umstrittener Punkt in der Auseinandersetzung um das Tauchverbot zwischen Landratsamt und Tauchern. Vor unserem ersten Tauchgang hier hatten wir das Tauchen mit Leine auf der Halde geübt, wobei nie Probleme auftraten.

Wir tauchen ab, ein Schwarm Barsche begrüßt uns und verschwindet ebenfalls in die Tiefe. Bei phantastischer Sicht ist es nicht viel anders als bei unseren gewohnten Steilwandtauchgängen, deshalb verlassen wir das Seil und tauchen weiter bis auf ca. 22 m ab. Hier befindet sich eine kleine Rille am Tisch, ideal um sich während einer Umrundung daran zu orientieren. Ab und zu ein Blick auf den Kompaß, denn bald müßte die Wand von der anderen Seite zu sehen sein? Dann sehen wir sie wirklich, die Wand kommt langsam näher, während wir durch die Schlucht tauchen. Es sind wirklich ideale Bedingungen, an diesem Tag kann man die Sonne und die Wellen an der Wasseroberfläche noch aus 25 m Tiefe sehen!

Wieder an der Außenseite angekommen sehen wir über uns das Ende des Seils (es endet in ca. 18 m). Unter uns ist noch ein kleiner Vorsprung zu sehen. Nachdem wir es erneut passieren, stellen wir fest, daß langsam Bewuchs an uns vorbei in die Tiefe sinkt. Darauf waren wir gefaßt, denn ein Bekannter von uns hatte dies schon erzählt. Mit dem Fels als Orientierungspunkt tauchen wir abermals in die Schlucht. Auf ein Zeichen hin (beide sehen nun die Wand, vor der der Teufelstisch sich befindet), wechseln wir zur Wand als Bezugspunkt. Nun richten wir unsere Lampen nach unten, beide haben wir denselben Gedanken. Zusammen 100 Watt suchen in der Tiefe, verschwinden aber im Nichts. Dann taucht der Sattel auf, viel schmaler als wir ihn uns vorgestellt hatten! Ecki deutet in die Tiefe und schüttelt den Kopf. Ich antworte mit einem OK, wir sind uns einig, denn maximal 25 m waren ausgemacht. Den Sattel haben wir trotzdem gesehen und wir werden hier wieder tauchen. Ein gutes Gefühl.

Ein Stück tauchen wir noch Richtung Wallhausen, langsam aufsteigend, vorbei an zwei riesigen Felsnasen in der Tiefe, kurz in einen tiefen Einschnitt in der Wand, dann drehen wir wieder um. Am Tisch angekommen sind wir auf 6 m, nach einem Sicherheitsstopp auf 3 m tauchen wir auf.

Kaum oben angekommen, kommen
einige Boote auf den Teufelstisch zugefahren. Einer der Freizeitkapitäne fährt direkt ans Seezeichen (an dem unsere Taucherflagge hängt!) und gestikuliert wild, zeigt immer wieder auf das Tauchverbotsschild. Wir ignorieren ihn, viel zu ausgefüllt von dem schönen Tauchgang und völlig ohne Lust, uns mit jemandem zu streiten. Kurz darauf kommt noch das Feuerwehrboot, hält jedoch den vorgeschriebenen Mindestabstand von 50 m zur Taucherflagge ein, anders als das Ausflugsschiff der weißen Flotte, das ohne die Geschwindigkeit zu vermindern auf den Teufelstisch zuhält und unsere Taucherflagge passiert. Offenbar ist sich keiner bewußt, daß Taucher auch "von oben" gefährdet werden können!

Zuhause angekommen melden wir uns dann noch bei der Wasserschutzpolizei zurück.

Wichtiger Hinweis: Bei dem hier beschriebene Tauchgang hatten wir wirklich viel Glück, was die Bedingungen angeht (unseren zweiten Tauchgang am Teufelstisch führten wir am nächsten Tag am Abend durch. Durch die anderen Lichtverhältnisse hatte sich das Tauchgebiet total verändert: Der Tisch kam uns jetzt sehr bedrohlich vor. Nun wußten wir auch, woher der Teufelstisch seinen Namen hat). Wer im Bodensee taucht, weiß, daß dies auch ganz anders sein kann. Sicht unter 2 m, Dunkelheit und Kälte sind nicht selten. Steilwandtauchen stellt dabei besondere Anforderungen an die Psyche des Tauchers, die nicht zu unterschätzten ist. Bis zur notwendigen eigenen Erfahrung ist es ratsam, den Kontakt zu ortskundigen Tauchern zu suchen. Der Arbeitskreis "Sicheres Tauchen im Bodensee" setzt sich dafür ein, die Unfallraten zu senken und so auch unsere Tauchplätze zu erhalten. Vom Arbeitskreis gibt es auch ein Faltblatt, dessen Ratschläge unbedingt befolgt werden sollten.

Matthias Eisenmann




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